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Andorra zum Nachdenken

Gesellschaftskritisches Theaterstück von Max Frisch am Campe-Gymnasium aufgeführt

(TIG) Frisch beschreibt das kleine Land Andorra als von den feindlichen Roten umstellt, gegen die die gemütlichen Andorraner große Vorurteile und Ängste hegen. In Andorras Vergangenheit liegt manches im Argen, welches gerne vertuscht wird. Aus Angst vor dem immer wieder durchkommenden Blutrot tünchen die Andorraner vor dem Sankt Georgstag ihre Kirche und ihre Häuser weiß.

Andorra, so sagt Max Frisch, sei ein fiktives Land und nicht identisch mit dem Kleinstaat Andorra. Die Kritik verstand Andorra weitgehend als Synonym für die gesellschaftlichen Prozesse in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in der Schweiz und Deutschland. Die ethischen Fragen nach Verantwortung, Mittäterschaft, Identitäten und Scheinidentitäten werden in den zentralen Themen des Stücks angesprochen und am Beispiel des Antisemitismus und das Ausgrenzen im Allgemeinen verdeutlicht.

Das Ensemble des Campe-Gymnasiums unter der Regie von René Adamek und Lena Seelenbinder hat dieses Drama, welches bereits 1961 von Max Frisch verfasst wurde, ausgewählt und mit geschickten Änderungen in die Gegenwart transferiert, ohne den gerade in unserer Zeit wieder aktuellen Inhalt zu gefährden.

Konsequenterweise schwebt die hoch gewachsene imposante Figur des Paters, gespielt von Jan Mewes mit wehendem Talar, auf dem E-Roller mitten durch das Publikum auf die Bühne ein. Das erste der 12 Bilder in die Max Frisch sein Stück unterteilte stellt sich so formal dem Hier und Jetzt. Konrad Rohé in der ausdrucksstark gespielten Rolle des wissenden, ahnenden „Jemand“ deutet an, „das etwas in der Luft liege“ und leitet die schicksalhafte Handlung ein.

In einer nächtlichen Szene erklärt Andri, gespielt von Leander Heimes, seine Zweifel an seiner Identität und der Liebe Barblins (Annika Roland) zu ihm. Andris Vater überzeugend gespielt von Nick Keindelstorfer legt mit einer gewaltigen Lebenslüge den Grundstein für die sich entwickelnder Dramatik. Um seine uneheliche Vaterschaft zu vertuschen, gibt er vor, Andri als jüdisches Kind vor den Roten gerettet zu haben. Andri ist damit Außenseiter. Zudem versagt ihm sein Tischlermeister (Jan Burgstaller) seinen Wunsch Tischler zu werden, da er als „Jud“ besser im Verkauf als im Handwerk arbeiten könne.

Selbstsicher und mit unglaublicher Präsenz agiert Philipp Molard als Soldat Peider und Gegenspieler Andris. Er bedrängt Barblin. Dabei lässt das Ensemble offen, ob Barblin vergewaltigt wird oder sich Peider hingibt. Die Dramatik steigert sich, als Andris Mutter „die Señora“ aus dem Land der Roten auftaucht. Die äußerst elegante Erscheinung wird von Maya Schoppe in einer Gratwanderung zwischen abgrundtiefer Empathie und leichter Arroganz inszeniert.

In zahlreichen weiteren Szenen arbeitet das Ensemble das hochdramatische Ende vor. Mal im Dialog, dann in tumultartigen Bildern mit der vehement einschreitenden Johanna Peterschröder als Wirtin, schreitet das Unglück voraus.

Andri nimmt die Identität des „Jud“ freiwillig an, hält fest an dem Gefühl zu seiner Halbschwester Barblin und geht in den Opfertod, der dieser angenommenen Identität auferlegt ist.

Leander Heimes füllt seine große Hauptrolle als Andri über die komplette Spieldauer gekonnt aus. Er bespielt die ganze Bühne raumgreifend, sitzt dann wieder zusammengekauert auf der Türschwelle zu Barblins Zimmer. Seine Mimik reicht von heller Freude über Zorn bis hin zu tiefer Trauer in einer Art und Weise, die das Publikum mitreißt.

Annika Roland beseelt die Figur der Barblin regelrecht. In der letzten Szene des Stückes verdichtet sie die zentralen Fragen des Stückes zu einem kristallklaren, aber hochemotionalen Bild. Als Barblin übertüncht sie sich selbst weiß und schreit dem Publikum mit gewaltiger Körperspannung und aus tiefster Seele ihre Verzweiflung, ihre Trauer um die Geschehnisse entgegen.

Dann fällt der blutrote Vorhang. Nur der Eimer mit weißer Tünche und dem Pinsel bleibt davor stehen. Das Publikum hat längst vergessen, dass es sich um eine Schultheatervorstellung handelt und applaudiert minutenlang begeistert.

Veröffentlicht von KOE, 25.06.2025.

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